Bestandsaufnahme

26.05.2015

Nachdem unser erster Spaziergangsversuch gestern daran gescheitert ist, dass Zasca dem Neuen lieber tat- und schlagkräftig versuchen wollte klarzumachen, was er von der Konkurrenz hält, habe ich heute einen neuen Versuch gestartet, mit Poseido um die vier Ecken zu gehen.
Sandra war zu Besuch und so nahmen wir ihn in unsere Mitte und marschierten los.

Er war ziemlich aufgeregt, weil er zumindest die letzten 9 Monate – eher länger – nicht im Gelände war. Sehr angenehm war dabei aber, dass er eher stehen bleibt, wenn er unsicher ist, anstatt hysterisch zu werden. Um ihn nicht zu überfordern, habe ich es nach einer Viertelstunde gut sein lassen und bin wieder zum Stall zurück.

Dort wollte ich nun an der Longe eine detaillierte Analyse seines Bewegungsablaufes machen.

Poeido ist ein Linkshänder, d.h. er belastet sein linkes Vorderbein stärker als das rechte und hat linke Hand die Tendenz in die Bahn hineinzufallen. Hier fällt ihm auch die Biegung schwerer und er neigt zum Zulegen, wenn er die Balance verliert.
Die Rückentätigkeit ist eigentlich noch nicht vorhanden. Der Rücken ist fest und unelastisch. Der Schweif wird leicht nach rechts getragen.
Zwar versucht Poseido immer wieder, in die Dehnungshaltung zu kommen, da er dies aber noch nicht aus einer gelösten Oberlinie heraus tun kann, macht er den Hals steif und kommt kurz nach dem Absenken des Halses wieder ruckartig nach oben.

Linke Hand zeigt Poseido schon im Trab eine deutliche Schräglage auf gebogener Linie. Ganz deutlich wird es im Linkgalopp, wo man schon fast Angst haben muss, dass es ihm die Beine wegzieht.
Auffällig und ungewöhnlich ist, dass er auf beiden Händen die Tendenz hat, mit der Hinterhand etwas weiter außen zu laufen. Ich denke, hier wird ein Termin bei der Chiropraktikerin nötig sein. Das wird aber erst Sinn machen, wenn Poseido seinen Zahnarzttermin gehabt hat.

Hier sieht man gut die Schräglage auf der linken Hand, der Pferdekörper ist deutlich nach innen geneigt. Das innere Vorderbein greift nicht gerade nach vorn, sondern schräg unter den Körper. Der äußere Vorderhuf zeigt leicht nach innen Richtung Körperschwerpunkt. Um sich auszubalancieren, hebt Poseido den Kopf an und stellt den Hals fest.

Auf der rechten Hand schiebt Poseido mit seiner Körpermasse nach außen. Dies wird dadurch sichtbar, dass die beiden äußeren Beine aus dem Kreisbogen heraus laufen und auch deutlich nach außen zeigen. Der Schweif steuert nach rechts gegen.

Sehr häufig hat er die Tendenz, sich festzumachen und davonzustürmen. Um das zu verbessern, muss ich immer wieder Ruhe reinbringen, notfalls zum Schritt durchparieren und ihn nicht „heiß“ laufen lassen.

Egal ob bei schnellerem oder ruhigerem Tempo: Immer wieder hat die Hinterhand die Tendenz, nach außen zu schieben.

Neben ersten Übungen an der Hand werde ich ihn zumindest die nächsten 4-6 Wochen longieren und schauen, wie sich sein Bewegungsablauf bis dahin verändert hat.

Am Abend zeichnete Sandra noch ein wunderschönes Bild von Poseido, dass ich Euch nicht vorenthalten möchte.

Einhorn-Alltag

24.05.2015

Am nächsten Tag war das Einhorn noch da und erwartete mich auf dem Paddock, wo es in Fortsetzung der gestrigen Ankunft sehr relaxed  in der Sonne stand.

Ich nahm ihn mit und startete das Putzprogramm.

Da ich denke, dass es sinnvoller und für das Pferd entspannter ist, relativ schnell zum alltäglichen Geschehen überzugehen und keinen ewigen Zirkus wegen kleinster Kleinigkeiten zu veranstalten, machte ich ihn fertig für eine erste Arbeitseinheit. Bewegt werden musste er sowieso.

In diesem Zusammenhang war es an der Zeit für eine erste Bestandsaufnahme. Insgesamt finde ich ihn an Rücken und Hinterhand nur sehr mäßig bemuskelt.

Bei einem regelmäßigen Training, das ihm laut Vorbesitzer die letzten Monate zuteil geworden war,  hätte ich eine bessere Oberlinie und mehr „Rumms hintenrum“ erwartet. Aber gut, das lässt sich ja ändern 🙂

Da ich ohnehin noch keinen passenden Sattel habe, setzte ich Longen- und Handarbeit auf die Trainings-to-do-Liste für die nächsten Wochen.

Also Kappzaum drauf und los in die Halle.

Die hatte Poseido zwar schon gestern Abend gesehen, da war es aber schon dunkel und nun bemerkte er, dass man ja rausgucken kann. Das kannte er nicht und so wollte er auch erstmal nicht auf dem Hufschlag gehen und eierte beim Warmführen in Schlangenlinien wahlweise hinter und neben mir her.

Insgesamt aber alles ganz manierlich. Das änderte sich allerdings schlagartig, als ich ihm mehr Longe gab und ihn nach außen schickte. Wie die wilde Wutz stocherte der stumme Schimmel vorwärts…sehr „spanischer“ Longierstil, dachte ich und hatte ganz schön zu tun, das wilde Geschleuder in ein einigermaßen gesittetes Laufen umzuwandeln. Aber gut, wer kann’s ihm verdenken, nach knapp 5 Stunden Fahrt und der Nacht in einem fremden Stall.

Für die Nerven habe ich hinterher noch entspanntes Stehen in der Halle abgefragt und es für die Einheit gut sein lassen.

Ein alles in allem sehr harmloser 1. Tag.

Poseido – oder: Wie fange ich ein Einhorn?!

23.05.2015

Eigentlich habe ich nicht ernsthaft nach einem neuen Pferd gesucht, nie seitenweise Verkaufsanzeigen gewälzt oder das Internet durchwühlt. Aber manchmal gibt es so etwas wie Schicksal und dann nehmen Dinge ihren Lauf.

Poseido habe ich das erste Mal im Internet im September 2014 gesehen, kurz nachdem er aus Spanien nach Deutschland kam.

Er war schön, keine Frage…und hatte Ausstrahlung, fast schon surreal wie ein Fabelwesen. Aber die innere Stimme, sich das Pferd mal in echt anzuschauen wollte nicht sprechen, noch nicht. Gründe kann ich auch jetzt eigentlich gar nicht benennen. War es der Preis, der Ausbildungsstand…ich weiß es nicht.
Fakt ist, ich habe den Gedanken an ihn verworfen und mir stattdessen ein anderes Pferd angeschaut.

Die Entscheidung das zweite Pferd zu besuchen und Probe zu reiten viel sehr schnell und ich war von ihm sehr begeistert. Ein Termin zur AKU wurde gemacht und dann kam die Ernüchterung. Das Pferd lahmte beim Vortraben.

In der Hoffnung, es habe sich nur vertreten, ließ ich das lahmende Bein röntgen und ein verkalkter Fesselträgerursprung ließ den Traum vom neuen Pferd wie eine Seifenblase platzen.

Blödes Schicksal, dachte ich…

Gefrustet von dem Ergebnis, der vertanen Zeit und Mühe wollte ich zum Thema „neues Pferd“ erstmal gar nichts mehr hören. Mir war immer klar, dass ich nicht unzählige Pferde Probe reiten werde, bis ich endlich das passende gefunden habe. So kam ich noch nie zu einem meiner Tiere.

Irgendwann erinnerte ich mich wieder an Poseido. Mehr als 5 Monate waren vergangen, seit er zum Verkauf angeboten wurde. Vielleicht ist er ja schon längst verkauft, dachte ich.

Wie es der Zufall (wenn man denn an diesen glaubt!) wollte, war er noch da. Und so machte ich einen Termin zum Vor-Ort-Besuch in der Nähe von München aus.

Auf der Fahrt dachte ich noch: Wart mal ab, das gab es schon vorher, dass ein Pferd auf Bildern toll präsentiert wird und in echt aussieht wie Frankensteins buchstäbliches Gesellenstück. Vor seiner Box traf mich dann auch fast der Schlag, aber nicht vor Schreck…mein Hirn funkte nur noch „Gott, is der geil!!“ Vor mir stand ein lebendiges Einhorn!!

In vager Vorahnung, wie die Dinge ihren Lauf nehmen würden, hegte ich ein klein wenig Hoffnung, er würde sich zumindest nicht gut reiten lassen. Irgendwie wehrte sich mein Innerstes noch gegen ein zweites Pferd – vielleicht schlechtes Gewissen Zascandil gegenüber?!

Der harmonischste Ritt meiner Karriere war es auch in der Tat nicht. Der Hengst wollte präzise Anweisungen. Kriegte er sie nicht, lief er einfach geradeaus statt um die Kurve, egal, ob da eine Wand war oder nicht. Auch im Maul war er super sensibel. Einmal zu lange die Hand dran und er quittierte das mit wüstem Kopfgeschüttel. Aber er vermittelte mir ein gutes Gefühl im Sattel.

Daher entschied ich mich, ihn in den TÜV zu schicken.

Wegen des unglücklichen Ausgangs der AKU des ersten Pferdes versuchte ich, meine Euphorie zu bremsen…an der Stelle war ich schon einmal und appellierte ein letztes Mal an mein Schicksal, jetzt die Notbremse zu ziehen, sollte dies tatsächlich nicht MEIN Pferd sein.

Das Schicksal bremste nicht und Poseido ging nicht nur mit einem sehr positiven Ergebnis (Zitat Tierarzt: „So gute AKU’s hab ich selten!!“), sondern auch mit einer Engelsgeduld durch die Untersuchung.

Da man sich gegen höhere Gewalt nicht wehren soll, war der Kauf beschlossene Sache.
Das Einhorn-Taxi musste organisiert werden.

Pfingstsamstag sollte es soweit sein. Toll…..mitten im Feiertagsverehr das Pferd über 450 km durch die Republik gondeln. Egal…ich habe es so gewollt.

Auf der Hinfahrt kam auch bald der 1. Stau. Das ließ wenig Raum für jede Hoffnung auf ein gutes Durchkommen. Aber manchmal kommt es anders als man denkt.

Vor Ort angekommen schnappte ich mir das Einhorn, um ihn noch ein paar Minuten zu bewegen. Die Fahrt war lang und die Ankunftszeit ungewiss. Verladen klappte bis auf ein kurzes Zögern problemlos.

Und siehe da, wenn Engel (oder andere magische Wesen) reisen, ist nicht nur das Wetter gut, sondern auch die Autobahn frei. In rekordverdächtigen 4,75 Stunden kamen zu Hause an.


Poseido wollte erst nicht wirklich aus dem Hänger aussteigen, ließ sich dann aber doch davon überzeugen, dass es bequemer ist, in der Box zu übernachten. Er stieg aus und dann kam…..NICHTS!

Von Zascandil in solchen Situationen wildestes Gekreische gewohnt, hat es dem Einhorn die Sprache verschlagen. Er ließ sich anstandslos ein paar Meter durch die Halle und dann in seine Box führen. Systemoverload, vermutete ich.

Seine Nachbarn haben immerhin dazu beigetragen, dass der Einzug nicht wie ein Stummfilm ablief.

Da war es nun, das Einhorn…so ganz konnte ich es noch nicht glauben. Mal sehen, ob er nach dem Aufwachen immernoch da sein würde…..