Bericht vom Centered Riding-Symposium – Teil 2

Am Sonntag ging das Symposium zunächst im Hörsaal weiter. Ein Professor der Uni Wien, Prof. Dr. Christian Peham, hielt einen Vortrag über die von ihm geführten Studien über die Biomechanik des Pferdes und deren Beeinflussung durch den Reiter und die Ausrüstung.
Interessant waren vor allem seine Ausführungen über die Passform der Sättel. Zu sehen ist in dem folgenden Bild, dass ein zu weiter Sattel (im Bild rechts) die negativsten Auswirkungen für das Pferd hat. Die Druckspitzen neben der Wirbelsäule sind hier am höchsten. Beim zu engen Sattel hingegen (Bild, Mitte) entstehen primär vorne und hinten Druckspitzen, während der mittlere Sattelteil hohl liegt.


Weiter führte er aus, dass die Verwendung von Pads verschiedenster Materialien einen nicht passenden Sattel kaum bis gar nicht ausgleichen kann. Lediglich mit einem Lammfell könne man marginale Verbesserungen erzielen, die einen nicht passenden Sattel aber immernoch nicht zu einem passenden machen.

Auch seine Erklärung, dass der Reiter im Trab mit seinem 2-fachen und im Galopp gar mit seinem 3-fachen Körpergewicht auf das Pferd einwirke, regte zum Nachdenken an (vor allem mit den Ergebnissen der zuvor erläuterten Studien zur Sattelpassform im Kopf).
Der Professor vertrat im Übrigen die Auffassung, dass sich Lahmheiten in einem Vorderbein stets auch auf das diagonale Hinterbein und damit oftmals auf das Kreuzdarmbeingelenk auswirken – eine Theorie, die ich bereits bei Familie Schöneich gehört hatte.

Die restliche Veranstaltung fand dann in der Reithalle statt. Eckart Meyners, der Spezialist für Sitzkorrekturen bei Reitern, war erschienen, um Reitern verschiedenster Sparten zu einem besseren Sitzgefühl und mehr Losgelassenheit im Sattel zu verhelfen.

Sowohl Vielseitigkeits-, Spring- als auch Dressurreiter waren zu sehen – jeweils mit unterschiedlichsten körperlichen Problemen. Herr Meyners ging auf alle Reiter individuell ein und stellte sowohl Übungen im Sattel, als auch am Boden vor. Das Publikum bezog er ebenfalls in sein Training ein, was für kollektives Gelächter sorgte, als alle 250 Teilnehmer lustige Grimassen schnitten und die Zunge rausstreckten, um die rechte und die linke Gehirnhälfte besser zu vernetzen. Aber der Effekt war verblüffend. Daher werde ich einige Übungen sicher in mein eigenes Trainingsprogramm und auch in den Unterricht einfließen lassen.

Negativ fiel leider erneut das viel zu enge Reiten gerade des letzten Dressurreiters auf. Er hatte sich wohl zum Ziel gemacht, seine Einheit zu einer Privatvorführung zu machen und schrubbte sein Pferd schon während der Einheit der Reiterin zuvor ordentlich durch die Halle. Das Pferd lief permanent viel zu eng und wurde völlig über die Uhr geritten. Die Kritik aus dem Publikum tat der Herr mit dem Argument ab, er würde sich so auf sich selbst konzentrieren, dass ihm das Aufrollen seines Pferdes nicht auffallen würde. Das mag man nun glauben oder nicht. Schön anzusehen war es jedenfalls nicht. Trotzdem keine Sache, die man Herrn Meyners anlasten könnte. Denn er war zur Sitzkorrektur eingeladen (meines Wissens nach ist er auch selbst gar kein aktiver Reiter) und hat diese Aufgabe mit Bravour gemeistert. Sein Job war es sicher nicht, dem Österreichischen Landesmeister in der Dressur zu erklären, dass die Pferdenase vor die Senkrechte gehört. Trotzdem hinterlassen solche Bilder einen negativen Beigeschmack.

Alles in allem habe ich auf dem Symposium Einiges lernen können und viele Anregungen – vor allem zum Thema Reitersitz – bekommen. Bleibt zu hoffen, dass bei künftigen Veranstaltungen die Demoreiter mit etwas mehr Bedacht ausgewählt werden. Denn Centered Riding ist zweifelsohne ein wichtiger Beitrag, um zwischen Mensch und Pferd eine harmonische Partnerschaft zu entwickeln. Ich fände es sehr bedauerlich, wenn die gezeigten Negativbilder am Lebenswerk von Sally Swift haften blieben.

Bericht vom Centered Riding-Symposium – Teil 1

Vom 05. bis 06.11. war ich in Wien beim 17. Centered Riding Symposium.
Dieses Jahr fand es das erste Mal in Europa statt, und das Programm versprach gutes Reiten und gute Vorträge.

Der Samstag startete nach der Eröffnungsansprache mit dem Programmpunkt „Visible Horse / Visible Rider“, um den Zuschauern die Knochen- und Muskelstrukturen an Pferd und Reiter veranschaulichen zu können.

Im Anschluss hieß es: Schulbank drücken im Hörsaal der Veterinärmedizinischen Universität (verdrängte Erinnerungen aus meiner Uni-Zeit wurden wach….ich hasse Hörsäle!!!)

Arthur Kottas-Heldenberg – ehemaliger Bereiter der Wiener Hofreitschule – hielt einen Vortrag zum Thema Einwirkung und Einfluss des Reiters auf die Ausbildung des Pferdes.

Er sprach viel über für mich Altbekanntes und löbliche und erstrebenswerte Trainingsgrundsätze, so zB, dass ein guter Sitz elementar für gutes Reiten ist und dass die Hand immer nachgeben müsse. Schlucken musste ich hingegen bei der Aussage „Manche Pferde müsse man eben hinter der Senkrechten reiten“. Eine Erklärung, auf welche Pferde das denn zutreffe, blieb er schuldig, und ich war gespannt, ob sich die beschriebene pferdefreundliche Ausbildung in der anschließenden praktischen Demonstration wiederfinden würde.

Insgesamt stellte er 3 Reiterinnen auf einem Niveau zwischen A und S vor. Die Reiterin auf S-Niveau ritt sehr handlastig und auch bei Pausen im Halten fiel das ständige Hin-und-her-Parieren sehr negativ auf. Eine korrekte Kopfhaltung an/vor der Senkrechten durfte man auf einem solchen Niveau offensichtlich nicht mehr erwarten, eher ein Pferd, das sich nicht losgelassen präsentierte und über die Hand auf dem Kopf geritten wurde. Den Umstand, dass das Pferd auf einer Veranstaltung mit viel Publikum gegangen ist und möglicherweise deswegen spannig war, finde ich vor dem Hintergrund irrelevant, da es sich um ein erfolgreiches Turnierpferd handelte, das Publikum gewohnt sein sollte. Die enge Einstellung des Kopfes hat Herr Kottas-Heldenberg immerhin noch halbherzig zu korrigieren versucht, jedoch zeigte die Reiterin auf seine Anweisung keinerlei Reaktion. Etwas planlos empfand ich die Arbeit an den 1er-Wechseln, da das Pferd schon die 3er-Wechsel nicht sicher sprang, Herr Kottas-Heldenberg aber trotzdem anwies: “Jetzt reite mal 1er-Wechsel und schau, wie viele ihr schafft“. Als er dann noch die Frage aus dem Publikum, ob das Pferd denn noch in positiver Spannung gehen würde, mit dem warmen Wetter zu entschuldigen versuchte (es war ziemlich kalt an dem Tag!) konnte ich das Ganze nicht mehr wirklich ernst nehmen.

Wenn ich als Trainer eine Demo halte bei einem Veranstalter, der sich den Tierschutzgedanken auf die Flagge geschrieben hat, sollte ich mir im Vorfeld Gedanken machen, welche Reiter ich dazu mitnehme- vor allem in Zeiten der nicht endenden Diskussion über Roll-Kur, Hyperflexion und jüngst die Blood-Rule. Es wäre sicher verzeihlich gewesen, hätte man Herrn Kottas-Heldenberg unbekannte Reiter unterrichten lassen, aber da es sich bei der S-Reiterin um eine langjährige Schülerin von ihm handelt, gehe ich davon aus, er hat sie aus triftigen Gründen – die mir verschlossen bleiben – für die Veranstaltung als geeignet eingestuft und deswegen ausgewählt.

Zu seiner Ehrrettung möchte ich jedoch nicht unerwähnt lassen, dass seine Tochter, die zweite Reiterin, ihr Pferd ordentlich und reell vorgestellt hat.

Den restlichen Tag konnte das Publikum in der Wiener Hofreitschule ausklingen lassen.
Im Rahmen eines Privatissimums für die Centered-Riding Instruktoren zeigen die Bereiter der Hofreitschule, darunter auch eine junge Dame, sowohl eine Einheit an der Sitzlonge als auch 3 Lipizzaner-Hengste in unterschiedlichen Stadien der Ausbildung und eine Langzügel-Vorführung.
Hier konnte ich absolut harmonisches korrektes Arbeiten mit dem Pferd sehen. Vor allem der perfekte Sitz der Reiter ließ mich doch neidisch werden. Aber der kommt auch nicht von ungefähr, sondern durch jahrelanges Training an der Sitzlonge.

Eine Führung durch die Stallungen der Hofreitschule rundete das Abendprogramm ab und ich war gespannt auf den kommenden Tag.